Ein Tag in Bach Ma

Eine ganz besondere Ruhe liegt darin, wenn ein Bär in stillem Vertrauen Deinem Blick begegnet. Und er findet Eingang in Dein Herz, wenn die sanften, braunen Augen furchtlos blinzeln und Du spürst, dass es schließlich doch gelungen ist, sein Vertrauen zu gewinnen. Das ist ein Gefühl, das Dich in Trauer und Scham hüllt und das Dir doch auch ein Lächeln entlockt, weil Du weißt, dass nichts diesem Bären jemals wieder Leid zufügen wird, niemals.

Heute geschah es so mit Ha Long. Ihre Beine, dünn wie Pfeifenreiniger, können den kleinen Körper mit einem Gewicht von 50 kg noch nicht sicher tragen, sie liegt auf Bananenblättern in ihrem behaglichen Quarantänekäfig und wartet auf ihren 11-Uhr-Imbiss.

Sie bekommt acht Mini-Mahlzeiten am Tag – verschrieben von unserem fürsorglichen und hilfreichen Tierarztteam. Diese kleinen Mengen kann sie bei sich behalten, während sie sich nach ihrer Ankunft vor fast vier Wochen oft erbrechen musste. Eine kleine Schale Hafer, gemahlenes Trockenfutter, Süßkartoffel, feuchtes Katzen-/Hundefutter und Reis, als Nachtisch gefrorener Joghurt oder ihre Lieblingsnascherei, ein Löffel Erdbeermarmelade. Als unsere Bärenteammanagerin Ellie mir erlaubte, Ha Long zu füttern, konnte ich beinahe dabei zusehen, wie Ha Long ein lebensrettendes Gramm nach dem anderen zunahm. Und bei alledem sandten mir die kleinen, braunen Augen eine Botschaft voller Dankbarkeit tief in meine Seele, wo ich sie gewiss für immer bewahren werde.

Jill gibt Ha Long ein paar Alltagsleckereien, die sorgfältig zusammengestellt sind, um dazu beizutragen, Ha Longs übel zugerichteten Körper wieder aufzubauen.

 Den ganzen Tag lang hüllten Nebelschwaden den Nationalpark Bach Ma und unser neuestes Rettungszentrum ein wie eine gespenstisch bleiche Decke und steigerten nur noch die natürliche Schönheit dieses vietnamesischen Shangri-La. Nie schien die Rede vom Weg “von den Farmen in die Freiheit“ zutreffender. Sechs Bären erwachen nun verträumt in eine Morgendämmerung hinein, in der der Chor der Vögel und die Geräusche der Tiere im Wald widerhallen, während es früher für sie nur Autohupen, laute Menschen und Angst im Herzen gab. Armstrong, Buzz, Apollo und jetzt unsere drei neuen Drachen Ha Long, Cuu Long und Thanh Long, unverzeihlich mager und auf dem Weg, sich von ihrer Vergangenheit zu erholen.

Die wunderschöne Ha Long schläft friedlich auf dem weichen Bett und pflegt Körper und Geist.

Nach dem Läuten der Nachmittagsglocke in Haus 3 öffneten sich die Türen und Buzz steckte zuerst ihre Nase heraus, bevor sie in aller Ruhe auf das Gras hinausschlenderte. Vorsichtig hob sie die Beine beim Gehen über den schwammig-weichen Rasen und begann mit der Suche nach dem Nachmittagsfutter, das liebevoll in ihrem Gehege ausgelegt worden war.

Armstrong (L) und Buzz (R) erkunden ihr Gehege…

 Dann schritt Armstrong hinaus – der Tag gehörte ihm, er freute sich darauf, die Auswahl an Leckereien zu entdecken und dann mit seiner langen, rosa Zunge das Trockenfutter vom Beton zu lecken und laut zu knuspern, während er zu unserem Direktor für Vietnam, Tuan, und mir herüberwanderte. Der Wind schlug um, und ich nahm seinen erdigen Geruch wahr und atmete tief ein, voller Glück über den Duft eines freien, nicht eingesperrten Bären. Näher und näher kam er uns, und dann wurde das Knuspern auf dem grünen, grünen Gras noch lauter, während er sich einer spannenden Forschungsreise auf der Suche nach Futter hingab, die sich nur ihm selbst ganz erschloss.

… und suchen nach frischem Obst und Gemüse…

Sein großer runder Bauch ließ auf seltsame Weise an einen Sumo-Ringer denken, und er warf uns Seitenblicke zu, während er kauend seines Weges zog. Er wusste, dass wir da waren, doch er gab sich damit zufrieden, vorsichtig Abstand zu halten, und schließlich drehte er sich um, warf einen letzten Blick zurück und schien damit zu sagen: „Hier ist es ok, oder?“ Dann wanderte er hinüber zu Buzz und dem Pool.

... und erfreuen sich ihrer engen, friedvollen Freundschaft.

Unterdessen schlief Apollo weiter. Glücklich geborgen in ihrem warmen Korbbett, ihr Mittagsschläfchen war viel zu süß, um es zu stören, und sie wusste ja auch, dass die Mahlzeit gleich um die Ecke auf sie wartete. Am frühen Abend würde ihr Bauch voll sein, gerade rechtzeitig, um sich dem wichtigen Geschäft eines langen Nachtschlafes hinzugeben.

Danke, aus tiefstem Herzen, von unseren Bären und ihrem neuen Zuhause und von der Organisation, der Sie so großzügig geholfen haben. Wir wünschen Ihnen Gesundheit und Glück, Frieden und Wohlstand und ein wundervolles neues Mondjahr des Drachen, während sich unser Rettungszentrum mit weiteren symbolischen Drachen füllt, bis der letzte Bär zu Hause ist.