Der Tierschutzdirektor bei Animals Asia, Dave Neale, spricht über die Vorstellung von Tieren als Gleichberechtigte im Gegensatz zur Auffassung, sie seien nur zu unserem Nutzen da.
Warum bin ich traurig und verzweifelt bei dem Gedanken an die Tiere, die getötet wurden, um mir die Auswahl auf einer Speisekarte in einem Restaurant zu ermöglichen, während andere darüber sprechen, ob sie Ihr Tier lieber „medium“ oder „rare“ möchten?
Warum fühle ich Scham und Leere, wenn ich in die Augen einer Kuh blicke die auf dem Weg zum Schlachthof ist während andere sagen, „dafür wurde sie gezüchtet“?
Bewusst oder unbewusst haben alle Tiere auf unsere eigene moralische Werteskala ihren Platz. Die meisten stellen dorthin ganz nach oben uns und unsere Mitmenschen. Danach kommen in absteigender Reihenfolge die verschiedenen Tierarten. Je nach Mitgefühl und unserer eigenen Beziehung zu ihnen.
Gewöhnlich haben dabei Tiere, die wir als intelligenter erachten, einen höheren Platz auf unserer moralischen Werteskala. Daher erhalten diese auch mehr moralische Rechte zugebilligt als Tiere, die als weniger intelligent betrachtet werden.
Damit schaffen wir unsere ganz persönliche Moralskala, basierend auf unserem Wissen über die kognitiven Fähigkeiten der Tiere, wobei wir Tieren mit größeren Fähigkeiten dieser Art, einen höheren moralischen Wert zuordnen. Damit haben Schimpansen normalerweise einen höheren moralischen Wert als Hühner und die Mehrzahl von uns isst daher Hühner mit Genuss während sie wohl die Zucht und das Töten von Schimpansen zu Nahrungszwecken wohl eher ablehnt.
Dies ist der springende Punkt – wenn wir wirklich das tägliche, weltweite, monumentale Leid von Tieren verändern wollen (und viele von uns sagen, dass sie dies wirklich wollen) müssen wir diese Methode der moralischen Einordnung drastisch verändern. Durch die Erziehung müssen wir unsere Kinder davon abhalten, automatisch dieselbe Haltung einzunehmen.
Ich bin nicht dagegen, die kognitiven Fähigkeiten von Tieren zu nutzen, um Respekt und Mitgefühl für sie zu entwickeln, doch für unsere moralischen Entscheidungen bedarf es etwas grundsätzlich anderes. Warum ordnen wir Tieren einen unterschiedlichen moralischen Status zu, wenn sie alle fähig sind zu leiden?
Tiere können sowohl körperlich als auch seelisch leiden. Das wurde wissenschaftlich nachgewiesen bei Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Amphibien und kürzlich auch bei Fischen und Krebstieren. Doch trotz dieses Wissens wird die Mehrzahl von uns sich für das Essen eines Tieres entscheiden, wenn sie die Wahl hat. Obwohl sie wissen, dass das Leben dieses Tieres voller Leid war.
Ich bin der Überzeugung, dass alle Tiere, so wie ich, ihr Leben leben sollen. Damit meine ich, dass Tiere leben können, unabhängig davon ob sie sich dieses Lebens bewusst sind oder nicht. Sie sollen Beziehungen zu anderen Tieren haben dürfen, um sie so wie ich als Quelle des Vergnügens und Zufriedenheit, als Sicherheit und Schutz zu erleben. Sie sollten die Freiheit haben können zu wählen und auch eine gewisse Kontrolle über ihre Umgebung haben.
Die moralisch bedeutsamen Dinge in meiner Umgebung sind daher die Fähigkeit, Lust und Schmerz zu fühlen und bei Tieren die Möglichkeit, ein Leben nach ihrem Sinn statt nach meinen Interessen zu leben.
Unsere Nutztiere können Schmerzen und Freude spüren und haben individuelle Interessen. Indem wir sie in Farmen halten und sie essen handeln wir unmoralisch da wir ihnen direkt oder indirekt unnötige Schmerzen und Leid zufügen und ihnen eigene Interessen völlig absprechen. Selbst wenn wir Tiere nach den besten Standards des Tierschutzes halten, wo man sich um sie kümmert (was nur in sehr kleinem Umfang und keinesfalls bei Massentierhaltung möglich ist, auch nicht bei „frei laufender“ Haltung. Die wirtschaftliche Betrachtung zwingt dazu, eine große Zahl von Tieren zu halten, um daraus einen Gewinn zu erwirtschaften. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Tiere in ihrem Leben Leid erfahren werden) und ihr Leben beendet wenn sie „reif“ sind und somit ihre Interessen zum Weiterleben ignoriert.
Dies führt mich hin zu der Frage „Sind die Interessen von Tieren, wie das Interesse auf Vermeidung von Leid und einen frühen Tod, weniger wichtig als diese Interessen bei Menschen?“
Tiere unterscheiden sich nicht so sehr von uns. Wir alle wollen nicht gefangen sein. Das hindert uns, Dinge zu tun die wir tun möchten oder die wir tun sollten. Es enttäuscht unsere Wünsche und verhindert, dass wir unsere Verpflichtungen Anderen gegenüber erfüllen. Wir haben Beziehungen zu Anderen, wir schätzen die Freiheit und unsere Fähigkeit wählen zu können. Wir wollen mit unseren Freunden, unseren Familien und anderen Mitmenschen sein.
Wenn wir daran gehindert werden, unsere Bedürfnisse zu befriedigen, werden wir gelangweilt, frustriert, einsam, verärgert und niedergeschlagen. Vielleicht sterben wir sogar.
Wenn wir fühlenden Wesen ihre grundlegenden Interessen verweigern, verursachen wir ihnen seelische und körperliche Pein. Die Schwierigkeit für Tiere in einer Farm liegt darin, dass sie Schreie, Rufe, Geheul nutzen das wir nicht verstehen und vieles davon geschieht ohne dass wir es erkennen, hinter verschlossenen Türen.
Ich schlage vor, dass wir uns immer wenn unser Verhalten einen negativen Einfluss auf ein Tier hat, einen Moment lang vorstellen, wie dieses Verhalten das einzelne Tier beeinflusst, um dann zu wählen, ob das Interesse dieses Tieres, wie das Interesse nicht zu leiden zu diesem Zeitpunkt weniger wichtig ist als unser eigenes.
Wenn wir uns im Geist in die Lage unseres Gegenüber versetzen können, um unsere Reaktion auf unser Handeln aus dessen Sicht zu beurteilen, würde dies glaube ich dazu beitragen, diesen höher auf unserer moralischen Skala einzuordnen.
Wenn wir Tiere als Wesen betrachten, mit denen wir Mitgefühl haben können und die unserer moralischen Aufmerksamkeit wert sind, können wir sie nicht mehr nur als Nahrungsmittel sehen.
Wenn wir diesen moralischen Ansatz für uns aufgreifen, können wir ihn in unser Ausbildungssystem integrieren. Schüler, die mit dem Wissen über die Gefühle von Tieren aufwachsen, werden diese als Individuen sehen und Mitgefühl mit ihnen entwickeln.
Eine Welt, in der mehr Kinder Hühner und Kühe als Individuen statt als Quelle für Fastfood sehen, ist sicherlich eine bessere.