Der Mann, der mit Mondbären aufwuchs

31. März 2015

Bear Team Supervisor Dao Chau Tuan (the 5th man from right) with his team at VBRC, 2012

Die Geschichte Dao Chau Tuans Leben ist untrennbar verwoben mit der Geschichte der Bärengalleindustrie in Vietnam. Dao Chau Tuan lebt nur einen Steinwurf entfernt von Animals Asias Rettungsstation und wuchs förmlich mit den Bären zusammen auf, deren Rehabilitation er sich widmet. Hier ist die Geschichte, die sie verbindet.

Als ich 2007 als Bärenpfleger begann, gab es nur drei Bärenwelpen hier. Es war keine einfache Zeit, denn es gab keine Bärenhäuser und wir mussten einen Unterstand aus dem benachbarten Nationalpark zu einem Stall umfunktionieren, um die Bären unterzubringen.

Die Vorstellung, dass diese drei kleinen Bären ohne die Betreuung ihrer Mutter aufwachsen sollten, war für mich undenkbar. Es waren wirklich drei sehr süße kleine Bären. Sie wuchsen unter der endlosen Zuwendung des Bärenpflegers und der Tierkrankenschwester auf, beide hatten genug Erfahrung, um sie richtig zu versorgen.

Die Bärenkinder waren so glücklich und ungezogen, wie Kinder eben sein sollten. Ich begann darüber nachzudenken, ob denn die bloße Versorgung eigentlich genug sein könnte und ob man sie nicht auch darin unterstützen sollte zu lernen wie man Futter sucht und die natürlichen Instinkte auslebt. Also fertigte ich einige Spielsachen für sie an. Mara, Mausi und Olly – die drei Welpen – hatten damit einen Riesenspaß. So wuchsen wir zusammen, ganz wie eine Familie.

Moggy really enjoys her enclosure, VBRC 2013

Nach einer Weile wurde dem Rettungszentrum von der Regierung mehr Vertrauen und Unterstützung entgegengebracht. Wir erhielten zwei weitere, diesmal erwachsene, Bären. Bei einem fehlte die linke Vorderpfote und bei dem anderen die rechte. Wir nannten sie Mama und Moggy. Ohne das Rettungszentrum hätten diese behinderten Bären ein erbärmliches Leben.

Vorher war ich Lastwagenfahrer und wusste nur wenig über Bären und die schrecklichen Dinge die Menschen mit ihnen machen – nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Erst als ich begann mit den Bären zu arbeiten, verstand ich deren Situation. Das ist der Grund weshalb ich, obwohl ich als Lastwagenfahrer mehr Geld verdienen könnte, beschloss, stattdessen weiter mit den Bären zu arbeiten.

2008 war für mich ein Schlüsseljahr. In diesem Jahr nahm ich an meiner ersten Bärenrettung teil und im gleichen Jahr begannen große Baumaßnahmen in der Rettungsstation. Es wurde ein Quarantänebereich eingerichtet, das "Flusshaus" und das "Berghaus" wurden gebaut, Folientunnel, Bärenklinik, Operationsraum und das Tierarztbüro und Übersetzerbüro folgten.

 

Tuan prepared breakfast for moon bear Ti Map, 2014

Es dauerte bis 2009, bis wir das erste Doppelhaus mit Gehege für die Bären fertig hatten. Mara, Mausi und Olly waren außer sich vor Freude, als sie zum ersten Mal über Gras laufen konnten – und das Gehege war riesig. Es gab eine Menge Spielsachen und Klettergerüste mit denen sie sich beschäftigen konnten.

Die älteren Bären, die verständlicherweise ein gestörtes Verhältnis zu Menschen hatten, blieben skeptisch und zögerten hinaus zu gehen. Wir mussten sie ermutigen und legten als Zeichen des Friedens Futter und Grünzeug in die Nähe der Stalltüren, um ihnen damit zu sagen, dass sie herauskommen können und ihnen nichts passieren wird. Nach einigen Tagen lernten sie, dass das Gehege ein sicherer Ort ist und wurden glücklicher als je zuvor.

Seit dem haben wir mehr als hundert Bären in Vietnam gerettet.

Tuan (the 3rd from right) with the Ti Map Rescue Team, 2014

Ich habe unzählige Erinnerungen an die Rettungsaktionen. Ich erinnere mich an eine Begebenheit, wir mussten damals tausende Kilometer auf holprigen Straßen zurücklegen, um zu der Bärenfarm zu kommen. Der Lastwagenfahrer wurde auf dem Rückweg krank und ich musste das Steuer übernehmen, aber auch alle 30 Minuten nach hinten zu den Bären gehen, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei. Es war so ein langer mühsamer Weg zurück nach Tam Dao, aber der Aufwand hat sich gelohnt.

Unsere andauernde Hingabe zahlte sich aus, als wir 2011 genügend finanzielle Mittel erhielten, um ein weiteres Haus für die Bären zu bauen. Unglücklicherweise liefen die Dinge im darauf folgenden Jahr nicht so gut, denn wir erhielten eine Räumungsklage. Wir waren sehr besorgt darüber, was mit den Bären geschehen würde, hatten sie doch schon genügend Jahre des Elends in Käfigen hinter sich.

Wieder einmal zeigten sich unsere internationalen Freunde unverzichtbar. Schließlich schritt der Premierminister ein und ordnete an, dass wir in Tam Dao bleiben können.

Bear Team Supervisor Tuan hoses down the moon bears, Ben Tre Rescue 2015

Neue Bärenhäuser wurden gebaut, weitere Bären wurden gerettet und heute haben wir mehr Bärenpfleger als jemals zuvor. Es gibt eine Menge Abteilungen, die zusammenarbeiten, um das Zentrum am Laufen zu halten.

Kürzlich wurde ich zum Leiter des Bärenteams befördert. Ich habe ein Auge auf die Dinge die in der Station vor sich gehen, mache die Arbeitseinteilung, helfe dem Bärenteam und nehme an Bärenrettungen teil. Ich helfe auch bei der Integration, wenn mehrere Bären zusammengelegt werden und beim Wiegen.

Die Bären und deren Genesung sind unsere oberste Priorität. Wir müssen das gestörte Vertrauen in die Menschen wiederherstellen und ihnen ein besseres Leben bieten. Ich weiß, dass das noch ein langer Weg voller Hürden sein wird, aber ich werde nicht aufgeben. Und ich weiß, dass wir nicht alleine sind. Mit der Hilfe und der Unterstützung aus aller Welt können wir der Bärengalleindustrie ein Ende bereiten.

Mara enjoys her enclosure at VBRC


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