“Mondbären empfinden keine Schmerzen” und andere Mythen um Mondbären

28. Januar 2015

Bärenmanagerin Sarah Dempsey sorgt nun seit über zwei Jahren für die Mondbären im Rettungszentrum von Animals Asia in Vietnam. Das qualifiziert sie, wie kaum eine andere, einige Dinge über diese charismatischen Tiere einmal gerade zu rücken.

1/ Es gibt in Vietnam doch keine Bären, oder?

Doch! Bären sind in Vietnam natürlich beheimatet. Es ist oft das Erste, was ich zu hören bekomme, wenn ich erzähle, dass ich bei Animals Asia im Rettungszentrum mit Bären arbeite: „Ich wusste nicht, dass es in Vietnam Bären gibt“. Es gibt welche!

Asiatische Schwarzbären sind von Natur aus in Vietnam beheimatet und darüber hinaus in ganz Südostasien verbreitet, von Pakistan bis zu den japanischen Inseln. Es gibt weitere Arten von Bären in Asien, wie zum Beispiel die kleinste Bärenart dieser Gattung, die auch in Vietnam vorkommenden Sonnenbären. Davon leben acht in unserem Rettungszentrum in Vietnam.

 Weitere asiatische Bären sind Lippenbären und der berühmte und unverwechselbare Pandabär.

Misty (latterly Nora JamJack) and Rain playing at VBRC, 2012

2) Dann sind asiatische Schwarzbären die gleichen, wie die nordamerikanischen Schwarzbären, richtig?

Falsch! Asiatische Schwarzbären sind zwar mit den amerikanischen Schwarzbären eng verwandt – enger als die sechs anderen Bärengattungen untereinander – jedoch gibt es klare Unterschiede. Beide Arten sind zwar etwa gleich groß, aber die asiatischen Schwarzbären haben ein längeres Fell. Besonders charakteristisch ist der dicke Kragen, den asiatische Schwarzbären oft in Form besonders dicken Pelzes um den Hals tragen.

In nördlicheren Lagen tendieren asiatische Schwarzbären zur Winterruhe, in südlicheren Gebieten kommt das kaum vor. Amerikanische Schwarzbären halten in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet Winterschlaf, außerdem haben sie keine gelbliche mondsichelförmige Zeichnung auf dem Brustfell. Der netteste Unterschied sind jedoch die runden Ohren, die größer sind als die der nordamerikanischen Verwandten und für den Spitznamen "Micky-Maus-Bär” gesorgt haben!

Thao - a glorious handsome moon bear at VBRC

3) Alle Bären sind Fleischfresser, stimmts? 

Falsch! Zwar gehören Bären, also auch Mondbären zoologisch gesehen zu den Fleischfressern, tatsächlich sind es aber Allesfresser. Grünzeug, wie z.B. Blätter, bildet den größten Teil ihrer Ernährung in der Wildnis, dazu Früchte, Gemüse, Süßkartoffeln und Mais. Sie verzehren gelegentlich auch kleine Mengen an Insekten, kleinen Säugetieren, Fischen und Reptilien. Bei der Futtersuche machen sie es sich gerne leicht und verschmähen nichts, was Menschen an Essen übriggelassen haben!

Wir versuchen bei Animals Asia die Ernährung in der Wildnis nachzuahmen, wenigstens den gesünderen Teil. So bieten wir ihnen Blattwerk, Bambus, Jackfruit, Feigen und andere Früchte, Gemüse und kleine Mengen Trockenfutter für Hunde. Da wir sie in naturnahen Gehegen halten, haben sie die Möglichkeit, Insekten, speziell Termiten, Ameisen und Regenwürmer zu finden. Das Nahrungsangebot ändert sich in der Wildnis mit den Jahreszeiten. So versuchen auch wir im Sommer mehr Früchte und im Winter mehr Kastanien zu füttern.

Was sie am liebsten mögen, egal, ob in der Wildnis oder hier, ist Honig! Das ist schon ein richtiges Klischee. Da Honig schwerer zu beschaffen ist und auch ein teures Vergnügen darstellt, heben wir ihn uns als gelegentliche Belohnung auf.

Mema eating browse

4) Bären sind hoch aggressiv, weshalb man nur schwer mit ihnen arbeiten kann.

Obwohl den asiatischen Schwarzbären immer wieder nachgesagt wird, sie seien aggressiv, kommt das jedoch vor allem vor, wenn sie überrascht werden, oder wenn man sich zwischen den Jungen und dem Muttertier befindet. Tatsächlich wäre besondere Aggression in einem Land, in dem sie wegen ihrer Galle gejagt werden, auch eher ein Vorteil. Wenn Bären in Gefangenschaft vernünftig gehalten werden, stellt Aggression überhaupt kein Problem dar.

Wenn wir Bären retten und in unsere Rettungszentren bringen, werden sie irgendwann in größere Gruppen integriert. Sie leben dann in Bärenhäusern mit einem Zugang zu dem naturnahen Freigehege. Durch positive Verstärkung können wir dann recht einfach mit ihnen umgehen.

Es ist ein Prozess, bei dem positives Verhalten durch Belohnung gefördert wird. So verwenden wir kleine Stücke Obst, wenn wir die Bären zwischen den Ställen bewegen müssen oder wenn sie raus ins Gehege oder wieder zurück sollen.

Das machen wir auch so, wenn wir uns einen Bären aus der Nähe anschauen müssen, um oberflächlich seinen Gesundheitszustand zu überprüfen, wenn ein Problem berichtet wird oder wenn regelmäßig gewogen wird. Wir stellen fest, dass die Bären, wenn wir ihnen die Wahl lassen, ruhig sind und gerne mit den Pflegern interagieren. Manche lieben das Wiegen so sehr, dass wir manchmal Schwierigkeiten haben, sie wieder von der Waage runter zu bekommen!

Thomas, Taz and Georges  with a swing 7

5) Bären fühlen keinen Schmerz, nicht wahr?

Furchtbar falsch! Die “China Daily” zitierte die “China Association of Traditional Chinese Medicine“ (TCM), wie folgt: "Der Vorgang der Bärengalleextraktion ist so einfach, natürlich und schmerzlos, wie das Aufdrehen eines Hahnes. Nach der Operation laufen die Bären hinaus und spielen glücklich herum." Das ist, wie man sich vorstellen kann, völlig falsch. Die Galle wird mit verschiedenen schmerzhaften und invasiven Methoden gewonnen, die alle massive Infektionen nach sich ziehen.

Der Schmerz, an dem die Bären auf den Gallefarmen leiden, ist nicht nur an dem physischen Zustand erkennbar. Selbstverstümmelungen, Lärm, Aggressionen, stereotype Bewegungsmuster und auch Apathie kann man bei allen Farmbären beobachten.

A bile extraction site on a moon bear


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