Little Mac kennenlernen

Aus einem Zirkus gerettet. Wieder vereint mit der Natur.

Vor ihrer Rettung kannte Little Mac nur Angst. Sie war als kleiner Welpe ihrer Mutter entrissen worden und gehörte zu den letzten Bären, die im Zentralzirkus Hanoi auftreten mussten.

Ihre frühen Jahre verbrachte sie in Gefangenschaft – und musste Kunststückchen aufführen, etwa auf einem Motorrad fahren. Hinter jedem Kommando standen Drohungen, jeder Fehler wurde bestraft. Und nach jeder Show wurde sie weggeschlossen zwischen Betonwände ohne Trost und Frieden.

Bären wie Little Mac entwickeln oft abnorme Verhaltensweisen, sie wandern etwa immer wieder auf und ab oder wiegen den Kopf hin und her – Anzeichen schwerer psychischer Traumatisierung. Doch inmitten dieses harten Daseins gab es für sie eine freundliche Konstante: eine andere junge Bärin namens Chilli-Bienchen.

Gemeinsam warteten sie auf etwas Besseres. Und schließlich kam es auch.

Die Rettung

Nach jahrelangen Bemühungen von Animals Asia erklärte sich der Zentralzirkus Hanoi einverstanden, alle Wildtiervorführungen zu beenden und die vier letzten Bären, die noch hatten auftreten müssen, in die Obhut von Animals Asia zu entlassen.

Im Juni 2021 traf unser Rettungsteam ein, um Little Mac und drei andere Bären nach Hause in unser Rettungszentrum Tam Dao zu bringen. Als sie im Transportkäfig auf die Abfahrt wartete, langte ihr Dompteur durch das Gitter und ergriff ein letztes Mal ihre Pfote. Ein seltsamer Augenblick der Zärtlichkeit in einem von Angst geprägten Leben.

Später an diesem Tag traf Little Mac ihre erste Entscheidung seit Jahren – sie folgte einer Spur von Erdbeersoße in ihren neuen Quarantäneraum im Rettungszentrum Tam Dao. Keine Ketten. Keine Bestrafung. Nur Freundlichkeit und Ruhe.

Die ersten Tage – Sicherheit, sanft vermittelt

In den nächsten Monaten geschah alles in dem Tempo, das Little Mac vorgab. Ihre Pfleger sprachen freundlich und bewegten sich langsam, sie boten ihr Spielzeug, Leckereien und sanfte Worte an. Rasch zeigte sich ihre verspielte Seite: Sie plantsche in ihrem Wassertrog, wirbelte Strohbesen herum und nahm Spielzeug mit wachsender Neugier entgegen.

Sie liebte ihre Schlauchduschen, verabscheute Kohl und begann allmählich, den Menschen in ihrer Umgebung zu vertrauen. Mit jedem Tag wuchs Little Macs Selbstvertrauen. Sie merkte, dass sie endlich in Sicherheit war.

Ein Gesundheits-Check und ein neues Zuhause

Während der ersten vollständigen medizinischen Untersuchung stellten wir fest, dass Little Mac jung und gesund war. Noch während sie in Narkose lag, verlegte das Team sie in ihre eigene Unterkunft, voll ausgestattet mit gemütlichen Betten, Hängespielzeug und Plattformen zum Hinaufklettern.

Zum ersten Mal hatte sie die Freiheit, sich zu strecken, auszuruhen und selbst zu entscheiden, wo sie sein und was sie tun wollte. Und gleich neben ihr in der Nachbarunterkunft befand sich ihre alte Freundin aus dem Zirkus.

Wieder vereint mit Chilli-Bienchen

Nach ihrer Rettung hatten Little Mac und Chilli-Bienchen einige Zeit in der Quarantäne getrennt voneinander verbracht. Doch als sich die Schiebetür zwischen ihren Unterkünften endlich öffnete, war es, als wären sie nie getrennt gewesen. Sie begrüßten einander sanft und rollten sich dann Seite an Seite zusammen, so wie sie es wahrscheinlich früher oft getan hatten.

Nur waren sie jetzt in Sicherheit. Und umgeben von Freundlichkeit, Freiheit und all den Dingen, die sie nie zuvor gehabt hatten. Eine Freundschaft, geschmiedet unter dem Druck der Angst, hatte endlich Raum, um aufzublühen.

Die ersten Schritte aufs Gras

Als sich die Tür zum Außengehege öffnete, zögerte Little Mac. Sie schnüffelte, dann folgte sie ihrer Freundin nach draußen. Da gab es weiches Gras anstelle von Beton. Baumwipfel im Wind und die warme Sonne anstelle von rostigen Gitterstäben und kalten Wänden.

Zwei Tage später ging Little Mac voraus. Sie folgte ihrer Nase auf der Spur von Leckereien und entdeckte die einfachen Freuden, genug Platz und weichen Boden unter den Pfoten zu haben.

„Sie ist klein, aber sie hat ein großes Herz“, meint Bärenpflegerin Sarah. „Sie konnte es kaum abwarten, auf Erkundungstour zu gehen.“

Freundschaften entstehen

Bald wurde Little Mac mit den anderen Bären aus dem Zirkus und anderen Mondbären im Rettungszentrum zusammengebracht. Und auch wenn Chilli-Bienchen Little Macs engste Gefährtin blieb, war es doch Lam, der ihr eine ganz neue Seite des Lebens erschloss…

Er zeigte ihr, wie Spielen geht. Und als sie erst einmal damit begonnen hatte, konnte sie nicht mehr aufhören zu rangeln, sich herumzurollen, Verfolgungsjagd zu spielen, Futter zu suchen. Mit Freude beobachteten ihre Pfleger ihre vorwitzige Seite. Und wenn Chilli-Bienchen ihr das Futter klaute, wenn sie gerade nicht hinschaute? Little Mac nahm es nicht übel, sie ging einfach los und holte sich mehr!

Ein von Grund auf verwandeltes Leben

Von angstvollen Auftritten in der Arena bis hin zur fröhlichen Beschäftigung mit Spielzeug in der Sonne: Little Macs Weg ist ein Weg des Überlebens, der Heilung und der Freude. Jeder Augenblick des Friedens, den sie jetzt genießt, ist ein Augenblick, von dem sie nie zu träumen gewagt hätte.

Dank der Freundlichkeit von Menschen wie Ihnen ist Little Mac nicht länger ein Opfer der Unterhaltungsindustrie – sondern eine Bärin mit einer Zukunft, die das Leben lebt, das sie schon immer verdient hat.